Blogbeitrag

Warum die Sauna bleiben sollte und ein JUZ im Badehaus keine Lösung ist

In den sozialen Medien und der Presse ist die Diskussion darüber entbrannt, ob die Sauna im Badehaus geschlossen und dafür ein neues Jugendzentrum (JUZ) gebaut werden soll. Diskutiert wird zum einen über den Stil der Entscheidung, aber auch, ob ein JUZ ins Badehaus gehört oder nicht. Bei der Abstimmung der Stadtverordneten über die Frage, ob die Planungen über ein neues eigenständiges JUZ-Gebäude neben dem Badehaus aufgegeben werden sollen zugunsten eines JUZ im Badehaus, haben alle Stadtverordneten für letzteres gestimmt, auch die FDP. In diesem Beitrag möchte ich zum einen die Gründe für diese Entscheidung erläutern als auch aufführen, warum ich, der die Verbannung des JUZ aus dem alten Feuerwehrhaus in Ober-Roden und die Verlegung an das Badehaus nach Urberach immer kritisch gesehen habe, nach einem Besuch im Saunabereich meine Position generell überdacht habe und mich in Zukunft dafür einsetzen werde, dass die Sauna im Badehaus erhalten bleibt und das JUZ an seinem alten Standort bleiben soll.

Die Anfänge

Um die Diskussion um das neue JUZ im Bereich des Badehauses richtig einordnen zu können muss man etwas weiter zurückblicken. 2017 erhielt Rödermark zweimal Post aus Wiesbaden mit Förderzusagen für 2 Stadtumbauprogramme. 2018 wurde für diese Förderprogramme ein gemeinsames Integriertes Stadtentwicklungskonzept erstellt, indem die geplanten Maßnahmen erhalten sind. Die Neugestaltung des Freizeitgeländes hinter dem Badehaus gehörte von Anfang an dazu. Vorgesehen war hier allerdings nur die Errichtung eines kleinen Funktionsgebäudes mit sanitären Einrichtungen. Doch schon wenige Monate später war erstmals davon die Rede, dass man an dieser Stelle auch ein neues JUZ bauen könnte. 2020 war diese Idee dann so ausgereift, dass man im Rahmen der Maßnahmenanmeldung bereits Fördermittel für die Planung des JUZ beantragte. Zum großen Erstaunen der Beteiligten hatte der Fördermittelgeber (Land + Bund) keine Einwände, im Rahmen eines Förderprogramms zur Verbesserung des Stadtgrüns in Urberach-Nord ein neues JUZ zu bezuschussen. In den 3 Folgejahren wurden dann weitere Planungsmittel und die Mittel für die Errichtung in Millionenhöhe beantragt und zum Großteil auch bereits bewilligt. Für einen JUZ-Neubau an dieser Stelle müsste die Stadt also nur 1/3 der Bausumme selbst aufbringen, der Rest würde mit Landes- und Bundesmitteln gefördert.

Warum ein neues JUZ?

Wie kam man nun darauf, ein neues JUZ zu fordern? Zum einen gibt es im Stadtteil Urberach nach dem Abriss des alten JUZ an der Stelle, wo heute das Franziskushaus und die Residenz stehen, kein vollwertiges Jugendzentrum. Im Schillerhaus wird zwar Jugendarbeit geleistet, aber in einem Multifunktionshaus. Das Angebot wird vor allem von Jugendlichen aus dem umgebenden Stadtviertel angenommen. Ein richtiges JUZ-Gefühl kann hier nicht aufkommen.

Der Hauptgrund liegt aber darin, dass im Zuge des zweiten Förderprogramms, dem Stadtumbau im Ortskern von Ober-Roden, das alte Feuerwehrhaus in Ober-Roden saniert oder abgerissen werden soll. Bürgermeister Jörg Rotter hat sich der Idee angenommen, hier ein Haus für Vereine zu errichten mit multifunktionellen Räumen für alle Zwecke: Übungsräume, Versammlungsräume, Räume für Feiern. Auch die städtischen Gremien könnten in Zukunft hier tagen. Das dort sehr gut etablierte JUZ, das nach dem Umzug der Feuerwehr an die Kapellenstraße dort eingezogen ist, müsste im Zuge der Neugestaltung weichen.

Da alternative Standorte schwer zu finden sind, in Urberach ein klassisches JUZ fehlt, das Badehaus am Ortsrand von Urberach Richtung Ober-Roden liegt und man diesen Bereich gerade mit Fördergeldern umgestalten kann, könnte man mit einem Neubau hier 3 Probleme lösen: Man könnte sich durch die Fördermittel einen Neubau leisten, was man ohne diese Fördergelder nicht könnte, man hätte einen Ersatz für das etablierte JUZ in Ober-Roden und hätte endlich ein vollwertiges Angebot in Urberach. Die Abteilung Kinder und Jugend, die ihre Büroräume bisher im alten Feuerwehrhaus hat, könnte gleich mitumziehen und alle werden glücklich, so die offizielle Auffassung des Bürgermeisters und der Fachverwaltung.

Warum die FDP mit den Neubauplänen nicht glücklich ist

Ich, aber auch die anderen Mitglieder meiner Fraktion, waren mit den Neubauplänen nie glücklich. Ich habe mich zwar konstruktiv an den Debatten beteiligt, aber habe immer nur gemäß dem Motto: wenn es schon sein muss, dann macht es wenigstens so und so“.
Zum einen glaube ich nicht an die Mobilität der Jugendlichen. Die größte Besuchergruppe im JUZ stellen die 12-15-Jährigen. Zweifelhaft, ob die wirklich aus Ober-Roden bis ans Badehaus fahren/radeln/gehen und sich das JUZ auch noch mit den Urberachern teilen würden. In Ober-Roden gäbe es dann kein stationäres Angebot der Jugendarbeit mehr, nur wage Andeutungen des Magistrates, dass man an Lösungen arbeite. Des Weiteren gibt es in Rödermark kaum Freizeitflächen. Es wäre ein Frevel, die letzte größere Freizeitfläche durch einen neuen Gebäudekomplex zu verkleinern. Flächenversieglung an dieser Stelle wollen wir eigentlich nicht, ich, der ja auch NABU-Vorsitzender ist, schon gar nicht. Außerdem bin ich mir sicher, dass die Jugendlichen, die sich auf einer Freizeitfläche aufhalten, egal ob zum Skaten, zum Chillen oder für andere sportliche Betätigungen, eines ganz sicher nicht wollen: Kontrolle durch Erwachsene. Durch den Umzug der Abteilung Kinder- und Jugend wäre die aber an dieser Stelle allgegenwärtig. Der letzte Punkt, der gegen den Neubau spricht, sind die Finanzen. Bei gestiegenen Baukosten ist ein Kostenrahmen von 4,5 Mill. € realistisch. Durch die Stadt Rödermark wären also rund 1,5 Mill. € zu finanzieren. Den Rest trägt der Steuerzahler. Aber auch diese 1,5 Mill. € muss man erst einmal haben. Viel Geld für wenige Jugendliche, die das Angebot auch nutzen. Laut Jugendumfrage gehören nur etwa 6 % aller Jugendlichen zu den gelegentlichen oder regelmäßigen Nutzern des Angebots des JUZ. Auf den finanziellen Aspekt komme ich später noch einmal zurück.

Eine neue Idee aus der Verwaltung: JUZ ins Badehaus

Im März 2023 kam erstmals die Idee auf: Eigentlich könnte das JUZ doch auch die Räume der Sauna im Badehaus nutzen. Die Sauna ist bis Ende September 2025 an die Saunaritter verpachtet. Danach könnte das JUZ einziehen und die Kosten wären wesentlich geringer. Als Grund für die Überlegungen nannte man anstehende Pflichtsanierungen im Saunabereich für über 500.000 €. Da Geld zunehmend knapper wird in Rödermark, könnte man im Zuge der Sanierung auch umbauen und insgesamt Geld sparen. Die Idee fand bei allen Beteiligten Anklang und stand als Grundsatzbeschluss auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 18. Juli 2023.

Soweit so gut. Doch was nun kommt, ist in meinen Augen ziemlich einzigartig und in meinen Augen skandalös. Diese Entscheidung hat eine große Tragweite. Ähnlich wie die Grundsatzentscheidung, ein neues JUZ hinter dem Badehaus zu errichten. Über diese Grundsatzentscheidung wurde mehrere Stunden in den Gremien diskutiert. Jetzt ging es darum, eine etablierte Sauna zu schließen und zu einem Jugendzentrum umzubauen, es ging um über eine Million € Kosten, um 15 Arbeitsplätze, um eine eigentlich schwierige Abwägung. Und was machen die Stadtverordneten? In der Ausschusssitzung, wo eigentlich Sachfragen diskutiert werden sollen, hatte kein einziger eine Frage. Ein halbes Dutzend Saunaritter harrte über 2 Stunden aus, bis dieser für sie so wichtige Punkt aufgerufen wurde und nach einer Minute war alles ohne eine einzige Wortmeldung vorbei? Einstimmig beschlossen – fertig! (Anmerkung: für die FDP saß ich in der Ausschusssitzung. Auch ich habe keine Fragen gestellt. Warum nicht? Weil ich als Mitglied der sog. lokalen Partnerschaft des Förderprojektes schon eine Woche vorher die Pläne vorgestellt bekommen habe und dort reichlich Gelegenheit hatte, meine kritischen Fragen zu stellen und Anmerkungen zu machen. Alle anderen hatten diesen Vorteil nicht. Ich habe diesen Umgang mit den Bürgern in der Fraktionssitzung bemängelt und wollte dies mit einer offenen Rede in der Stadtverordnetenversammlung zumindest etwas korrigieren. So war es ausgemacht. Leider wurde die Tagesordnung diesmal aus Zeitgründen nicht im Ältestenrat, sondern im Kreise der Fraktionsvorsitzenden festgelegt. Hier hat sich auch mein Fraktionsvorsitzender leider überreden lassen, diesen Punkt ohne Aussprache abzustimmen. Ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten Jahren einmal eine so wegweisende Entscheidung ohne jegliche Diskussion in den Gremien getroffen wurde. Auch in der Stadtverordnetenversammlung waren übrigens wieder Saunaritter anwesend, die nur wegen dieses Punktes gekommen waren.

Warum ich trotzdem zugestimmt habe

Diese Frage ist leicht zu beantworten: Für mich und meine Fraktionskollegen braucht Rödermark nicht unbedingt ein neues JUZ. Das bestehende im alten Feuerwehrhaus wird von den Jugendlichen sehr gut angenommen. Wir sehen den Standort am Badehaus kritisch. Ein neues JUZ ist „nice to have“, wenn man es für wenig Geld realisieren kann, stehen wir dem nicht im Weg. Aber überzeugt sind wir nicht. Nun sollte ein Grundsatzbeschluss getroffen werden, ob man die Idee eines Neubaus auf der grünen Wiese zugunsten eines Umbaus der Saunaräume im Badehaus aufgeben soll bzw. ob die Umbaupläne weiterverfolgt werden sollen. 4,5 Millionen Kosten mit Flächenverbrauch gegen max. 1,5 Mill. € Kosten ohne Flächenverbrauch. Das ist wie die Wahl zwischen einer Grippe und einem Schnupfen. Die Entscheidung ist bei dieser Fragestellung eindeutig. Man nimmt den Schnupfen. Hätte man die freie Wahl bzw. wäre die Fragestellung eine andere gewesen, würde man sich dafür entscheiden, gesund zu bleiben, spricht gar kein neues JUZ. Die Antwort wäre dann gewesen: weder das eine noch das andere. Doch diese Antwortmöglichkeit gab es bei der Abstimmung nicht. Ich hätte dies gerne in der Stadtverordnetenversammlung so gesagt. Es wurde anders entschieden.

Besuch bei den Saunarittern

Nach diesem Paradebeispiel für Bürgerferne der Stadtverordnetenversammlung war es mir ein Anliegen, einige Dinge klarzustellen und mir ein eigenes Bild davon zu machen, welche Konsequenzen die Umsetzung dieses Beschlusses hätte. Ich hatte kurz nach der Stadtverordnetenversammlung die Möglichkeit, gemeinsam mit der Geschäftsführerin Michaela Butz-Strohmeier die Saunalandschaft zu besuchen (Ich muss dazu sagen, ich bin kein regelmäßiger Saunagänger und habe die Sauna im Badehaus nur ein einziges Mal bei Ihrer Eröffnung besucht). Die Sauna machte auf mich einen hervorragenden und sehr gepflegten Eindruck. Es gibt einen (im Gegensatz zur Außenfläche des Schwimmbads) sehr gepflegten Außenbereich, helle gemütliche Ruheräume. Auf den ersten Blick erscheint hier nichts renovierungsbedürftig. Auch im Detail sind es nur Kleinigkeiten, die gemacht werden müssten. Wir reden hier von wenigen Tausend € und keinen gravierenden Mängeln, ohne deren Behebung der Saunabetrieb gefährdet wäre. Ein zentraler Saunaraum sollte erneuert werden. Die Kosten hierfür betragen zwischen ca. 20.000 € (realistische private Schätzung) und 80.000 € (Stadt).

Exkurs: Traue niemals dem Magistrat
Der folgende Satz wird für mich sicherlich Konsequenzen haben, aber ich sage es dennoch ganz bewusst: Ich habe keine Lust mehr, mich vom Magistrat weiterhin mit Falschaussagen abspeisen zu lassen! Ich erwarte Transparenz und Ehrlichkeit – und mir (und den anderen ehrenamtlich Tätigen) wird irgendetwas erzählt, um die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Phantasiezahlen in den Ring zu schmeißen ist in meinen Augen vergleichbar mit einer Lüge.
Ich habe in den letzten 18 Jahren gelernt (so lange bin ich mittlerweile kommunalpolitische aktiv), dass Dinge, die die Stadt macht, immer doppelt so teuer sind wie Dinge, die man privat oder gewerblich machen lässt. Über die Ursachen dazu könnte man einen eigenen Blog schreiben. Nehmen wir das einfach mal als gegeben hin. Wenn also einige Bürger oder eine Fraktion etwas möchte und die Verwaltung möchte das nicht, dann rechnet man das verwaltungsseitig so teuer, dass dann selbst die Befürworter sagen „ja wenn das so viel kostet, dann lassen wir das besser“. Ziel erreicht, Arbeit gespart. Gerne hört man auch, man hätte mit diesen und jenen gesprochen, die dann dieser und jener Meinung wären. Okay, hätte man nicht gedacht, dass die das so sehen, aber wenn es so ist, dann muss ich wohl meine Meinung revidieren. So ist die typische Reaktion. Blöd ist nur, wenn man das partout nicht glauben mag und direkt mit den Betroffenen spricht. Oft heißt es dann: Nein, mit mir hat niemand gesprochen, wie man denn darauf käme.
Es ist traurig und dürfte nicht so sein, aber nach diesen Erfahrungen kann ich den Ausspruch meiner geschätzten Kollegin Anke Rüger von der SPD nur beipflichten: Ich traue mittlerweile den Aussagen des Magistrates zu bestimmten Themen nur noch so weit, wie ich eine Waschmaschine werfen kann (ich weiß, bei Frau Rüger ist es ein Kühlschrank, aber um vergleichbare Weiten zu erzielen, muss ich die schwerere Waschmaschine nehmen…).

Die 2. Erkenntnis aus dem Besuch bei den Saunarittern: Der Saunaträger kommt gut über die Runden, zahlt pünktlich eine ordentliche Pacht, subventioniert über hohe Grundkosten bei Wasser und Wärme das Badehaus und ist im Vergleich mit anderen Saunalandschaften günstig bei den Eintrittsgeldern.

Die Saunaritter beschäftigen im Badehaus 15 Mitarbeiter (die meisten in Teilzeit), haben im Jahr eine deutlich fünfstellige Zahl an Gästen, die Zahl an unterschiedlichen Gästen ist deutlich vierstellig. Gewerbesteuer wird auch noch bezahlt. Die Betreiber sind mit viel Herzblut und Eigenleistung dabei und würden den Pachtvertrag mit der Stadt selbstverständlich gerne verlängern.

Die Nachricht, dass die Stadt nicht plant, den Pachtvertrag zu verlängern, sondern die Räumlichkeiten in ein Jugendzentrum umbauen will, wurde nicht etwa vom Bürgermeister oder der Ersten Stadträtin überbracht, sondern von den Kommunalen Betrieben Rödermark (KBR). Mit den Hauptamtlichen gab es bis zu meinem Besuchstag noch kein offizielles Gespräch.

Wirtschaftliche Lage – der Gamechanger

Bis zur Haushaltsdebatte zum Haushalt 2023 hieß es immer: die Steuereinnahmen sprudeln, wir haben noch hohe Rücklagen, wir können die Investitionen noch stemmen und die höheren Ausgaben kompensieren. Ja, die nächsten Haushalte werden defizitär und enthalten einige Risiken, aber wir werden dies hinbekommen. Es wurde geplant wie selten zuvor. Hier einige Beispiel:

  • Umbau Feuerwehrhaus Ober-Roden + Ordnungsamt ca. 9,4 Mill. €
  • Neues JUZ ca. 4,5 Mill. € (Eigenanteil ca. 1,5 Mill. €)
  • Umbau altes Feuerwehrhaus, Umgestaltung Kulturhallenvorplatz ca. 3,6 Mill. € (Eigenanteil ca. 1,2 Mill. €
  • Ausbau Bürogebäude Kommunale Betriebe auf dem Betriebshof ca. 1,8 Mill. €
  • Zuschuss Kitaneubau Orwischer Entdecker ca. 700.000 € (+ 2,3 Mill. € Investitionsfonddarlehen)
  • Umgestaltung Parkanlagen Entenweiher, Badehaus, Rennwiesen ca. 2 Mill. € (Eigenanteil ca. 650.000 €)
  • Erweiterung der Kläranlage ca. 13 Mill. €
  • Kommunalanteil Neubau Betreuungsräume Breidertschule ca. 4,6 Mill. €
  • Voraussichtlicher Fehlbetrag bei der Entwicklung des Gewerbegebietes Kapellenstraße 2 Mill. €
  • Jährliche Kostensteigerung durch den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst ca. 2,2, Mill. €
  • Jährliche Kosten für den Hopper ab 2025, bezahlt über die Kreisumlage, ca. 1 Mill. €
  • Neubau Brücke über die Rodau am Zilliggarten ca. 900.000 €
  • Neuer Fahrbahnbelag und Neubau Radweg Rodaustraße ca. 500.000 €
  • Zuschuss Kirchdach St. Nazarius (noch nicht beziffert)
  • Umbau Kirchhof, Umbau Parkplatz Glockengasse, Umbau Rathausplatz (noch nicht beziffert)

Und das sind nur die größten Posten, die mir spontan eingefallen sind (Bitte nicht auf die genauen Beträge festnageln. Das sind die Zahlen, die ich im Kopf habe. Bei weiter steigenden Baupreisen sind Korrekturen nach oben wahrscheinlicher als nach unten). Eigentlich sollen alle Bauvorhaben bis 2028 abgeschlossen sein.

Jede Position für sich hat ihre Berechtigung. Den Stadtverordneten wurde jeweils die Notwendigkeit dargelegt. Daher war das Abstimmungsergebnis über die geplanten Investitionen meist einstimmig. Doch was ist, wenn Gewerbesteuer und Einkommensteuer sinken, die Ausgaben für den Pflichtteil der Verwaltung aber steigen? Die höheren Löhne müssen gezahlt und die Kitas weiter betrieben werden.

Meine Prognose, und da pflichten mir meine Parteikollegen bei, ist, dass wir nicht alle von den gemachten Beschlüssen umsetzen können. Wir haben schlicht das Geld nicht. Wie schon vor 10 Jahren wird bei dem vorhandenen strukturellen Defizit der finanzielle Aspekt bei Entscheidungen wieder den Ausschlag geben. Wir müssen diese geplanten Investitionen priorisieren und je nach Entwicklung der finanziellen Situation einige Projekte um ein paar Jahre verschieben oder auch ganz verwerfen.

Die Personalkosten müssen bezahlt werden, die Kita Orwischer Entdecker ist bereits gebaut, der Ausbau der Breidertschule ist in meinen Augen auch zwingend zu realisieren und das Gewerbegebiet muss realisiert werden, um die Einnahmesituation in den kommenden Jahren zu stabilisieren. Über den Rest wird gesprochen werden müssen. Für mich ist klar und dich denke, dass meine Fraktionskollegen hier ganz ähnlich denken: das neue JUZ hat hierbei mit die niedrigste Priorität.

Kein neues JUZ für Rödermark

Die 2022 durchgeführte Jugendumfrage gibt hier einige wichtige Antworten. Etwas über die Hälfte der Jugendlichen in Rödermark war schon einmal im JUZ (altes Feuerwehrhaus oder Schillerhaus). Klar, man ist ja neugierig, schaut sich mal das Angebot an. Von dieser Hälfte wiederum gibt rund 85 % an, das JUZ nur gelegentlich zu besuchen. D.h., man war einmal da, hat sich’s angeschaut und dann Entschieden, dass das Angebot nicht passt oder die Leute dort blöd sind oder beides. Weniger als 6 % aller Jugendlicher nutzt das JUZ gelegentlich oder häufig. Statistisch gesehen ist die Mehrzahl der Besucher zwischen 12 und 14 Jahre alt, männlich und hat Migrationshintergrund. Insgesamt besuchen wohl rund 4.000 Jugendliche im Jahr das JUZ in Ober-Roden. Es ist von rund 350 verschiedenen Personen auszugehen.

Im Gegensatz dazu gab etwa ein Viertel aller befragter Jugendlicher an, dass Ihnen in Rödermark vor allem Jugendplätze fehlen. Ein Jugendplatz kann natürlich ein Platz mit Sportmöglichkeiten sein, wie der Skaterpark oder ein Bolzplatz. Genauso wichtig sind aber Orte, wo sich Jugendliche einfach außer Haus ungestört treffen können, abhängen können. Bänke, Tisch, eventuell Überdachung – fertig.

Wenn ich jetzt abwäge, muss ich feststellen, dass die heutige Saunalandschaft von mindestens dreimal so vielen Personen aufgesucht wird wie das JUZ in Ober-Roden – sowohl absolut als auch individuell. Saunieren fördert die Gesundheit, die Sauna im Badehaus bringt Arbeitsplätze, Kaufkraft und Gewerbesteuer nach Rödermark. Für die Sauna gibt es keinen alternativen Standort in Rödermark, für das JUZ schon. Daher möchte ich auch nicht die Saunagänger gegen die JUZ-Besucher ausspielen. Aber unter den genannten Gesichtspunkten wäre es nur vernünftig, wenn die Sauna im Badehaus bleibt.

Statt viel Geld für ein komplett neues JUZ auszugeben, sollten aus Sicht der FDP lieber mehr Plätze für Jugendliche realisiert werden – für kleines Geld. Jugendarbeit sollte aus Sicht der FDP aus 2 Säulen bestehen: Einmal aus der Bereitstellung von Infrastruktur, die von Jugendlichen ohne Aufsicht genutzt werden kann: Skateranlagen, Bolzplätze, Bikeparks, Flächen für Basketball, Volleyball u.Ä., aber vor allem ungestörte Sitzgelegenheiten. Diese Plätze können von allen Jugendlichen genutzt werden. Dieser Teil der Jugendarbeit muss gestärkt werden.

Und zum anderen aus der stationären, betreuten Jugendarbeit in den Jugendzentren. Diese sind häufig eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche aus beengten Wohnverhältnissen, wo zuhause keine Freizeiträume bestehen, für die das JUZ eine Teilhabemöglichkeit bedeutet. Letztendlich ist ein JUZ ein Angebot für eine kleinere Bevölkerungsgruppe, aber dennoch ein ganz wichtiger Baustein, ohne den viele dieser Jugendlichen wohl auf eine schiefe Bahn geraten würden.
Dieser Teil ist in Rödermark schon gut aufgestellt. Eine Verbesserung der Ist-Situation ist wie vieles andere natürlich wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig.

Verabschiedung vom „Bürgerhaus in der alten Wache“

Aktuell kann man die Nutzung des alten Feuerwehrhauses so beschreiben: unten das JUZ, oben Büroräume der Abteilung Jugend. Ja, das Gebäude muss dringend saniert werden. Ja, man kann das Obergeschoss mit dem Bücherturm verbinden und Räume für Vereine und Fraktionen zur Verfügung stellen für Sitzungen, Versammlungen, Proben, Ausstellungen. Aber braucht man wirklich den großen Raum im Erdgeschoss für Vereine? Hat man mal den Bedarf der Vereine abgefragt? Für die Stadtverordnetenversammlung hat man mit der Kulturhalle einen würdigen Ort zur Verfügung, da wäre das Feuerwehrhaus ein Rückschritt.

Warum also nicht das JUZ auch nach der Sanierung im Erdgeschoss belassen? Wenn die KBR neue Büroräume im Betriebshof realisiert, damit die in den Zehnthof neben dem Rathaus Ober-Roden ausgelagerten Abteilungen wieder unter einem Dach arbeiten können, werden hier Räume für die Abteilung Kinder und Jugend frei, die bisher im alten Feuerwehrhaus ihr Domizil haben. Klar, das ist nicht die von allen gewünschte und bevorzugte Lösung, aber es ist eine Lösung und dazu eine um ein Vielfaches günstigere als die bisher beschlossene.

Wir müssen ab sofort wieder eine Nummer kleiner denken, auch wenn das bedeutet, von liebgewonnen Ideen, die sich schon in der Planungsphase befinden, Abschied zu nehmen. Nach meiner Meinung ist die geschilderte Lösung unter den gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen vor allem eines: realistisch. Daher werde ich mich ab sofort für diese Lösung einsetzen.

Dr. Rüdiger Werner
Rödermark, 24.07.2023


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