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Waldacker … vergessener Stadtteil?

Waldacker – vergessener Stadtteil. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
11.05.2011
Warum ich heute einen Blog über Waldacker schreibe? Weil die FDP in Waldacker mit 10 % der Stimmen ein sehr gutes Ergebnis geholt hat und dies für uns eine große Verpflichtung gegenüber dem Wähler darstellt. Und weil sich auf dem politischen Parkett in unserer Stadt sonst kaum jemand groß mit Waldacker beschäftigt.
Obwohl mit zuletzt 2.845 Einwohnern über ein Zehntel der Bewohner Rödermarks in Waldacker zu Hause sind, wird der Stadtteil von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Ein unliebsames Anhängsel. Daher wird es Zeit, dass sich mal jemand Gedanken macht, was man im drittgrößten Rödermärker Stadtteil verbessern könnte. Wer weitere als die im folgenden aufgeführten Ideen hat oder sogar schon konkrete, umsetzbare Pläne besitzt, der möge sich bitte bei mir melden oder eine unserer offenen Fraktionssitzungen (Termine siehe Homepage) besuchen. Über Feedback aus der Bevölkerung sind wir immer dankbar.
Waldacker in der Politik
Waldacker war in den letzten Jahren zweimal auf der politischen Agenda. Einmal als es darum ging, der verdichtenden Bebauung Einhalt zu gebieten und gemeinsam mit der Bevölkerung der restriktivste Bebauungsplan im Rödermärker Stadtgebiet entwickelt und rechtskräftig wurde. Und in den letzten 5 Jahren wurde das Thema „Neugestaltung der Hauptstraße Waldacker“ intensiv diskutiert.
Das erste Thema führt zwar bei einigen betroffenen Bürgern immer wieder zu Nachverhandlungsbedarf, allerdings ist bei keiner Partei oder Gruppierung eine erneute Änderung des Bebauungsplans zurzeit ein Thema. Die getroffenen Vereinbarungen werden noch viele Jahre Bestand haben.
Das 2. Thema könnte allerdings noch einmal für Diskussionsstoff sorgen.
Hauptstraße Waldacker – Vorgeschichte
Ich möchte jetzt nicht noch einmal das ganze Verfahren zur Hauptstraße aufrollen, sondern nur ein paar wenige Fakten ins Gedächtnis rufen. Die ursprüngliche, vom Planungsbüro vkt vorgeschlagene Neugestaltungsvariante wurde von der Bevölkerung abgelehnt. Über 1300 Unterschriften gegen diese Lösung wurden gesammelt – mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Einwohner sprachen sich dagegen aus. Die Bürgermeisterpartei AL/Grüne hat sich bis zum Schluss für die Ursprungsvariante ausgesprochen – obwohl entscheidende Punkte davon (einseitiger Zweirichtungsfahrradweg mit vielen Kreuzungspunkten) von den Verkehrsplanern in den aktuellen Richtlinien als nicht mehr zeitgemäß abgelehnt werden. Ginge als nach Stefan Gerl und Parteifreunden, würden 3 Buscaps gebaut, die Mehrzweck(Park)streifen wegfallen und die Radfahrer auf ihrem Zweirichtungsfahrradweg unnötigen Gefahren ausgesetzt. Die FDP hat sich von Anfang an für eine bürgernahe, praktikablere Lösung ausgesprochen. Gegen den erbitterten Widerstand von AL/Grüne und SPD hat die damalige CDU/FDP-Koalition im Herbst 2009 eine Konsenslösung beschlossen, die zusammen mit der BI Hauptstraße Waldacker unter maßgeblicher Mitwirkung der FDP erarbeitet wurde.
Thema Hauptstraße nochmal auf der Tagesordnung?
Warum dieses Thema jetzt noch einmal auf die Tagesordnung kommt? Weil mit der beschlossenen Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Weil noch keine Fakten geschaffen wurden. Weil bei den Sondierungsgesprächen nach den Wahlen entsprechende Signale anderer Parteien gekommen sind. Die FDP hat bei allen Gesprächen gleich am Beginn gesagt: eine Änderung der Beschlusslage der Neugestaltung Hauptstraße Waldacker kommt mit uns nicht infrage. Das ist ein Ausschusskriterium. Das erste, was AL/Grüne gemacht haben, ist, an den Rändern dieses Beschlusses zu kratzen: ob wir uns nicht doch eine 3. Haltestelle in Waldacker-Nord in Form eines Buscaps vorstellen könnten. Ein deutliches Zeichen, dass unsere Befürchtungen, die wir auch mit einem Flugblatt kurz vor der Wahl zum Ausdruck gebracht haben, wahr werden könnten.
Die CDU hat in den Gesprächen mit uns klar zum Ausdruck gebracht, dass sie zu diesem Beschluss steht. Doch 2 der 3 damaligen Wortführer in Sachen Hauptstraße Waldacker in der CDU bilden mittlerweile die FDP-Fraktion und Josef Fluck ist nicht mehr in das Stadtparlament gewählt worden. Und es gab in der CDU durchaus Waldacker-kritische Stimmen. Viele Fraktionsmitglieder schienen durch das Thema sehr genervt, so dass wiederholt sehr derbe Sprüche vielen: „das gallische Dorf an der Gemarkungsgrenze“, „An Dietzenbach verscherbeln“, „Ausgliedern“. Ich fand und finde das völlig geschmacklos, unwürdig und diskriminierend. Und es zeigt, dass es mit dem neuen Partner durchaus nicht selbstverständlich ist, dass die CDU bei ihrem Beschluss bleibt. Man kann nur hoffen, dass die Sache bei diesem Thema wichtiger bleibt als die Politik drumherum. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit der CDU.
Keine politische Lobby
Das Thema zeigt aber auch, dass Waldacker eine politische Lobby fehlt. Nach meinem Kenntnisstand ist Gerhard Schickel von der AL der einzige Vertreter Waldackers in der Stadtverordnetenversammlung. Kein Wunder, dass sich Waldacker besonders oft und intensiv außerparteilich organisiert.
Während in den politischen Gremien und auch in den Programmen der Parteien oft von der Entwicklung der Ortszentren von Ober-Roden und Urberach gesprochen wird, von Handel und Gewerbe, von Kinderbetreuung und Wohnen im Alter, ist Waldacker bei diesen Themen immer außen vor. Muss das so sein?
Ich möchte im folgenden einmal ein paar Anregungen geben und Möglichkeiten aufzeigen, was ich mir für Waldacker vorstellen kann bzw. was die Gemeinde eigentlich machen müsste.
Verkehr
Verkehr in Waldacker ist vor allem motorisierter Individualverkehr. Die Gründe hierfür beschreibe ich unter dem Punkt Infrastruktur. Gerade in den oft extrem engen Seitenstraßen ist ein räumliches Nebeneinander der Verkehrsteilnehmer kaum möglich. Während anderswo Kinder auf den Straßen spielen können, gibt es diese Möglichkeiten in den meist zugeparkten Nebenstraßen Waldackers nur selten. Im Kontrast dazu existiert eine im Südteil sehr breite Hauptstraße, die den gesamten Fernverkehr aufnimmt. Die jetzige Gestaltung ist zwar zweckmäßig – und es gibt durchaus einige Stimmen, die am Status Quo gar nichts ändern wollen – aber in vielen Bereichen aus meiner Sicht doch suboptimal. Daher hoffen wir sehr, dass es noch 2011 zur Umsetzung der gemeinsam mit den Bewohnern gefundenen Konsenslösung kommt. Barrierefreie Bushaltestellen sind heute Standard und Querungshilfen am nördlichen Ortseingang und in Höhe der Talstraße erleichtern für Fußgänger und Radfahrer die Straßenquerung und bremsen die Geschwindigkeit. Ein befestigter Fußweg zwischen Talstraße und Kappenwald war längst überfällig und farbig gekennzeichnete Radstreifen sorgen für mehr Sicherheit. Ich hätte am südlichen Ortseingang an der Einmündung der Wingertstraße gerne einen Kreisel gehabt, habe hier aber kein Gehör gefunden. Wenn die Hauptstraße nach den vorliegenden Beschlüssen neugestaltet wird, ist das eine deutliche Verbesserung für Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV bei geringstmöglicher Beeinträchtigung des motorisierten Individualverkehrs.
Der Zustand vieler Nebenstraßen ist eher schlecht. Hier wird in den kommenden Jahren erheblicher Sanierungsbedarf auflaufen. Bei leeren Kassen muss man aufpassen, dass Waldacker bei den Straßensanierungen nicht über Jahre hinweg leer ausgeht, was die Attraktivität des Stadtteils weiter verschlechtern würde. Für mich und meine Parteikollegen sind Straßensanierungen keine Streichposten. Wo heute noch eine neue Asphaltdecke genügen würde, muss in 5 Jahren grundhaft saniert werden, was die Maßnahme weiter verteuert. Man kann sich über die Art der Finanzierung unterhalten aber nicht über die Notwendigkeit von Straßensanierung im Generellen.
Stadtentwicklung
Waldacker grenzt im Norden, Osten und Westen direkt an Wald, im Süden an Landschaftsschutzgebiete, an die auch überregional bedeutende Heide und an eine ehemalige Mülldeponie. Selbst wenn der Bedarf ersichtlich wäre, eine Erweiterung der Siedlungsfläche ist nach Bebauung der letzten Areale in der Lerchenstraße und der Wingertstraße kaum noch möglich. Das ist auch der Grund, warum sich Waldacker in den letzten 30 Jahren sehr stark nach innen verdichtete. Mit dem jetzt gültigen Bebauungsplan ist auch dem weitestgehend ein Riegel vorgeschoben. Im Gegensatz zu anderen Stadtteilen verfügt Waldacker auch über keine signifikanten Baulücken mehr. Die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort sorgen für eine hohe Fluktuation auf dem Wohnungs- und Häusermarkt.
Während auch ich in Waldacker bei abnehmender Bevölkerungszahl keinen weiteren Wohnungsbaubedarf sehe, engen die äußeren Gegebenheiten auch die Möglichkeiten für öffentliche Baumaßnahmen, z.B. im Betreuungs- oder Freizeitbereich, stark ein. Daher ist meine Position und die der FDP in diesem Punkt (und das betrifft auch andere Stadtteile) klar: Wenn es einen öffentlichen Bedarf für bestimmte Einrichtungen gibt (den ich im Bereich Kinderbetreuung und Kinder/Jugend/Freizeit sehe), dann muss die Kommune in diesen Sonderfällen auch bereit sein, durch Änderung der Bebauungspläne und gegebenenfalls Flächenausweisungen Möglichkeiten zu schaffen, diesen Bedarf zu bedienen.
Infrastruktur
In Waldacker gibt es eine Tankstelle, einen Schlecker, 2 Bäcker, eine Poststation, einen Friseur, einen Tierarzt, eine Tierheilpraktik, eine Krankengymnastik, 2 Kosmetikstudios, eine Bank und 4 Gaststätten/Imbissstationen. Wenn ich etwas vergessen habe, ist das ein Versehen. Das ist für den täglichen Bedarf zu wenig. Waldacker ist – und das hat es mit Rodgau-Rollwald und Dietzenbach-Hexenberg gemein – eindeutig eine Schlafstadt, die Bewohner sind auf das Auto zur Besorgung der täglichen Dinge angewiesen. Sportvereine, medizinische Versorgung, Schule, Freizeit – nichts ist vor Ort erhältlich. Daran wird sich objektiv betrachtet auch in Zukunft nichts ändern. Daher ist es auch von Seiten der AL unverantwortlich, den Individualverkehr gerade in Waldacker zugunsten des ÖPNV zu gängeln. Möglichkeiten für die Politik, aktiv für eine bessere Infrastruktur zu sorgen, gibt es kaum. Waldacker bietet weder gute wirtschaftliche Voraussetzungen für mehr Geschäfte noch bietet es geeignete räumliche Voraussetzungen (fehlende Geschäftshäuser). Wenn jeder lieber in Märktezentren auf der grünen Wiese einkauft anstatt in inhabergeführten Geschäften in den Ortsmitten, ist das ein gesellschaftliches Entwicklung, die die Kommunalpolitik eigentlich nicht beeinflussen kann. Mit dem Bürgerhaus hat die Politik für ein Stadtteilzentrum, für öffentliche Räume auch in Waldacker gesorgt, mehr ist in meinen Augen nicht machbar.
Kinderbetreuung
In Waldacker gibt es eine Kindertagesstätte (mit der kleinsten Freifläche aller Rödermärker Kitas) und zwei Kinderspielplätze (Am Kappenwald, Verlängerung Am Lerchenberg). Während die Kindertagesstätte bei sinkenden Kinderzahlen noch Kapazitäten frei hat, fehlt eine Kleinkindbetreuung in Waldacker völlig, keine Einrichtung ist fußläufig erreichbar. Bei 20–30 Kindern pro Jahrgang ist ein Bedarf von etwa 25 Plätzen leicht erkennbar. Die FDP fordert daher bei weiterem Ausbau der Kleinkindbetreuung dringend, einen Standort in Waldacker zu realisieren, entweder durch einen städtischen Neubau oder bevorzugt dadurch, dass privaten Betreibern ein Standort in Waldacker schmackhaft gemacht wird.
Senioren
Mit einigen Veranstaltungen im Bürgerhaus hat Waldacker eine geeignete Anlaufstelle für Senioren. Das Angebot für aktive Senioren kann sicherlich ausgebaut werden, aber hier ist weniger die Politik gefordert, sondern vor allem Eigeninitiative und ehrenamtliches Engagement. Da auch die heute schon recht alte Bevölkerung Waldackers in Zukunft weiter altern wird, muss natürlich auch über seniorengerechte Wohnformen in Waldacker nachgedacht werden. Mangels geeigneter Standorte und fehlender Infrastruktur (Ärzte, Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten, Parkanlagen in der Nähe) eignet sich Waldacker nicht besonders für ein Seniorenwohnprojekt. Da der Einzug in ein Seniorenwohnprojekt immer mit einem Umzug verbunden ist, ist ein Standort nahe dem bisherigen Wohnumfeld auch kein zwingendes Kriterium. Daher wird sich die FDP bei der Suche nach weiteren Standorten für Seniorenwohnheime, Pflegeheime, Betreutes Wohnen, Mehrgenerationenhäuser, die in unseren Augen in den kommenden Jahren dringend notwendig sind, auf Urberach und Ober-Roden konzentrieren. Besonders auch den Senioren kommen die neuen Querungshilfen bei der Umgestaltung der Hauptstraße sowie die von der FDP geforderten Verbesserungen im Freizeitbereich zu gute.
Kinder und Jugendliche
Einige Kinder Waldackers haben die längsten Wege aller Rödermärker Kinder bis zum nächsten Kinderspielplatz zurückzulegen und müssen dabei auch noch die meistbefahrendste Straße Rödermarks überqueren. Zwar haben alle Kinder den Wald als Spielplatz quasi vor der Haustür, doch was vor 30 Jahren noch selbstverständlich war, ist heute eine große Ausnahme. Kaum ein Kind darf oder will den Abenteuerspielplatz Wald nutzen. Die FDP fordert daher eine neue Freizeitkonzeption für Rödermark. Gerade auch in Waldacker muss es für Kinder wohnungsnahe Örtlichkeiten geben, die zum Treffen, Spielen, Erleben einladen. Für Kinder und Jugendliche gibt es in Waldacker keine öffentlichen Plätze, wo man sich Treffen kann, wo man rumhängen kann, sich austauschen kann. 2 Spielplätze und ein Bolzplatz in Randlagen sind dazu nicht ausreichend. Durch den engen Straßenzuschnitt gibt es keine Bänke, Parkanlagen oder ähnliches. Für Kinder ist Waldacker denkbar ungeeignet. Betreuung vor dem Kindergarten – anderer Ortsteil mit Taxi Mama. Schule – anderer Ortsteil mit Schulbus. Sport oder Musik in der Freizeit (außer Tennis) – anderer Ortsteil mit Bus oder Taxi Mama. Jugendtreff, Kino, Freizeitmöglichkeiten – nichts ist vor Ort. Da die Häuserpreise in Waldacker (vielleicht auch aus diesem Grund) billiger sind als in den anderen Stadtteilen, ziehen dennoch etliche junge Familien nach Waldacker. Daher darf auch die Politik das Thema „Kinder- und Jugendfreundliches Waldacker“ nicht völlig aus den Augen verlieren. Ein „naturnaher Spielraum“ am Waldrand Tannenweg oder hinter der Drosselstraße – warum nicht darüber nachdenken. Ein privat betriebener Klettergarten hintern Kappenwald – warum nicht hierfür Investoren suchen. Mehr Bänke und Plätze zum Verweilen und Treffen im Stadtgebiet – auch in Waldacker sollten sich dafür Standorte finden. Die Kinderwaldstadt, ein ungeschliffenes Juwel – legalisieren, modernisieren, aufwerten, öffnen.
Freizeit
Das zuletzt gesagte leitet über zum Thema Freizeit. Der Wert von Waldacker liegt vor allem in seiner naturnahen Umgebung. Von 3 Seiten von Wald umgeben, mit Obstwiesen, der Heide, dem Berngrundsee sowie dem Versickerungssee der ehemaligen Kläranlage hat Waldacker einige ökologische Juwele vor der Haustüre. Dazu den 50. Breitengrad und viele Spazierwege – für Naturliebhaber, Erholungssuchende, Spaziergänger und Hundebesitzer ist Waldacker unter diesem Aspekt sicherlich ein guter Platz zum Leben. Doch auch hier gibt es Potenzial nach oben. Die FDP wird sich weiterhin dafür einsetzen, den Eulerweg als Freizeitradweg bis zur Kreisquerverbindung auszubauen, inklusive Verbesserung der Querungssituation. Genau aufgrund dieser Querung sprechen sich Verkehrsämter und beteiligte Kommunen bisher gegen diese Lösung aus – man müsste ja investieren und die Höchstgeschwindigkeit auf der Kreisquerverbindung an dieser Stelle reduzieren. Das hat man an 3 anderen Stellen auch schon getan, das wäre aus unserer Sicht akzeptabel. Die vielen Radfahrer, die besonders an den Wochenenden an dieser Stelle ihre Räder über den Graben heben und dann über die Fahrbahn rennen, zeigen deutlich die überragende Bedeutung des verlängerten Eulerweges für den Freizeitradverkehr.
Warum nicht auch im Wald von Waldacker Nordic-Walking-Strecken (die natürlich auch von Joggern benutzt werden dürfen) besonders ausschildern? Warum nicht mit Schildern und Sitzgelegenheiten an den Rändern der Naturschönheiten auf diese aufmerksam machen? Gerade die Beschilderung der Waldwege muss auf den Prüfstand und würde für wenig Geld den Freizeitwert steigern. Ein positives Beispiel in dieser Richtung ist der ausgeschilderte Radweg rund um Rödermark.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
10.05.2011
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Erster Stadtrat ehrenamtlich

Erster Stadtrat ehrenamtlich – warum ich dafür bin. Von Dr. Rüdiger Werner

 

Dr. Rüdiger Werner
Dr. Rüdiger Werner

Dr. Rüdiger Werner
06.02.2013
Rödermark wird unter den kommunalen Schutzschirm schlüpfen und sich damit verpflichten, bis 2018 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das bedeutet, dass bis dorthin das Ergebnis um rund 10,6 Mill. € gegenüber 2012 nachhaltig verbessert werden muss. Das ist erst einmal eine Zahl, die erst dann begreifbar wird, wenn man sie mit anderen Zahlen in Beziehung setzt. So liegt der Gesamtaufwand (ohne Finanzergebnis) 2013 bei rund 29,8 Mill. € (14,2 Mill. € Personalkosten und 15,6 Mill. € Sachkosten inkl. Abschreibungen). Würde man nur den Aufwand reduzieren, müssten 1/3 der Leistungen der Stadt wegfallen! Kennt man das Leistungsspektrum und vor allem die Pflichtaufgaben der Kommune, erkennt man schnell: das ist unrealistisch, das geht nicht! Die zur Verfügung stehenden Einnahmen betragen 2013 vor der Konsolidierung (inkl. Zuweisungen, Zuschüsse und Transferleistungen) rund 21,1 Mill. €. Diese Einnahmen sollen bis 2018 nun auf 25,9 Mill. € erhöht werden (auf Basis der Zuweisungen, Zuschüsse und Transferleistungen von 2012).
Um das Ganze noch plastischer zu machen: Würde Rödermark nicht konsolidieren, würden man von 2013 bis 2018 Ausgaben von 185,6 Mill. € haben bei Einnahmen von 126,6 Mill. €. Dazu käme ein Finanzergebnis von ca. 11 Mill. €, d.h. die Schulden Rödermarks würden um 70 Mill. € steigen, sich quasi verdoppeln.
Mit der jetzt eingeschlagenen Konsolidierung sind bis 2018 Ausgaben von 164,5 Mill. € und Einnahmen von 146,6 Mill. € geplant. Das sind 21 Mill. € weniger Ausgaben, 20 Mill. € mehr Einnahmen und nur noch rund 27 Mill. € neue Schulden (wer wissen will, woher ich die Zahlen habe und wie ich gerechnet habe, möge sich bitte bei mir melden). Diese Zahlen sollte man im Hinterkopf haben, wenn man die Frage des Ersten Stadtrates diskutiert.
Auswirkungen der Konsolidierung
20 Mill. Mehreinnahmen tun weh, vor allem den Bürgern, die sie aufbringen müssen. Höhere Grundsteuer, höhere Hundesteuer, höhere Kinderbetreuungsgebühren, höhere Friedhofsgebühren, höhere Feuerwehrgebühren, höhere Essenspauschalen im Betreuungsbereich, höhere Verwaltungsgebühren, wiederkehrende Straßenbeiträge. Mit den Gebührenerhöhungen kann sich die FDP anfreunden, denn Gebühren dürfen maximal kostendeckend sein, d.h. wenn sie erhöht werden können, war die Dienstleistung bisher vom Steuerzahler subventioniert. Gebührenerhöhungen kann man auch als Subventionsabbau verstehen, dem wir uns nicht verschließen. Mit den Steuererhöhungen haben wir so unsere Schwierigkeiten. Denn für Verwaltungen ist es sicher einfacher, Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen zu erzielen als Kostenreduktion durch effektiveres Handeln. Erst wenn ich überzeugt bin, dass wir eine moderne, effektive, schlanke Verwaltung haben, die kein Kostenreduzierungspotenzial mehr aufweist, und die Einnahmen dennoch nicht reichen, die Ausgaben abzudecken, erst dann würde auch ich für weitere Steuererhöhungen stimmen. Im Moment sehe ich Rödermarks Verwaltung an vielen Stellen nicht als modern, effektiv und schlank an (genauso wenig, wie ich das Gefühl habe, dass daran ernsthaft gearbeitet wird). Ebenso schmerzhaft werden die 21 Mill. weniger Ausgaben werden. Ich habe zwar die Hoffnung, dass die Nichtwiederbesetzung freier Stellen zu Effektivitäts¬steige-rungen in der restlichen Verwaltung führen wird, bin aber diesbezüglich eher skeptisch. Wird das Effizienzpotenzial nicht oder nur teilweise genutzt, muss der tatsächliche Leistungswegfall größer ausfallen. Wegfallen sollen u.a. Hausmeister-tätigkeiten, Reinigungsintervalle, Ordnungsdienste, Kulturelle Veranstaltungen, ein Großteil der direkten Vereinsförderung. Stark reduziert werden soll die Straßenbe-leuchtung, der Winterdienst, die Straßenerhaltung, die Pflege des Straßenbegleit-grüns, die Pflege von Friedhöfen, Spielplätzen und Parkanlagen, die Grabenpflege uvm. Einige der angedachten Sparmaßnahmen sind wirtschaftlich zweifelhaft, da die Kosten, um die zu geringe Wartung in den nächsten 10 Jahren auszugleichen, viel höher sein werden als die Einsparsumme. Im Detail werden viele kleinere Dinge, die jetzt nicht aufgeführt sind, nicht mehr finanziert werden.
Was würde der Wegfall der Hauptamtlichkeit Erster Stadtrat bringen?
Genaue Zahlen sind mir nicht bekannt, ich kann nur schätzen. B2-Besoldung sind rund 6250 € + Zuschläge + Beihilfe + Pensionsrückstellungen + Spesen + Zulagen + Vergünstigungen + Büro + Sachkosten Büro. Da kommt man bestimmt auf über 10.000 € Personalkosten und 2.000 € Sachkosten im Monat. Ein ehrenamtlicher Erster Stadtrat kommt mit Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgeldern, Büro + Sachkosten/Spesen geschätzt auf mindestens 1.500 € Kosten im Monat. Die konkrete Einsparung liegt also in der Größenordnung 130.000 € im Jahr. Wirksam ab Juli 2013, macht bis 2018 etwa 720.000 €. Das sind also rund 2 % der jährlichen Einsparsumme, aber, da die Einsparung ja schon 2013 wirksam wird, 3,4 % der gesamten Konsolidierungssumme. Hört sich auf der einen Seite nicht viel an, auf der anderen Seite könnte man dafür die Einsparungen bei Straßensanierung, Grünpflege oder Vereinsförderung weniger drastisch ausfallen lassen. Zwei weitere Argumente für diese Einsparmaßnahme: Die meisten geplanten Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung sind mehr Wünsche als konkrete Schritte, es sind Schätzungen, die auf vielen unbekannten Variablen aufbauen. Die Abschaffung der Hauptamtlichkeit ist dagegen eine ganz konkrete und sofort wirksame Maßnahme. Zum anderen hängt an der Position des Ersten Stadtrates zurzeit auch ein Vorzimmer mit 2 Mitarbeiterinnen. Diese Personen könnten dann einen Großteil ihrer Arbeit in andere Bereiche verlagern und damit andere Kollegen entlasten, die von den Sparmaßnahmen besonders hart getroffen werden. Ich und meine Partei sehen die Auswirkungen des Wegfalls der Hauptamtlichkeit als deutlich weniger dramatisch an als viele der einzelnen Sparmaßnahmen.
Nichts bleibt so, wie es vorher war, warum sollen dann gerade die politisch besetzten Stellen an der Verwaltungsspitze davon ausgenommen sein? Oben sparen ist angesagt!
Aufgaben des Ersten Stadtrates
Der Erste Stadtrat ist in erster Linie der Stellvertreter des Bürgermeisters. Dies betrifft Vertragsunterzeichnungen, Sitzungsleitungen, Wahrnehmung von Terminen, Ehrungen etc. Diese Dinge kann auch ein Ehrenamtlicher mit dem entsprechenden Zeitbudget wahrnehmen. Daneben kann der Bürgermeister Stadträten die Leitung von Dezernaten antragen. In aller Regel macht er das bei Hauptamtlichen, es gibt allerdings auch genügend Beispiele, wo Ehrenamtliche Dezernate leiten. Welche Dezernate das sind, entscheidet der Bürgermeister. Ehrenamtliche Stadträte brauchen so oder so ein gewisses Zeitbudget für ihre Ehrenamt. Wöchentliche Magistratssitzungen, Stadtverordnetenversammlungen, dazu jede Menge Kommissionen und Ausschüsse, der eine oder andere offizielle Termin als Vertreter der Stadt, dazu viele weitere öffentliche Termine, wo es sich als Stadtrat schickt, dabei zu sein. Da kommen schnell mal 10–15 h pro Woche zusammen. Ganz umsonst macht man das nicht, Aufwandsentschädigung und Sitzungsgelder führen zu rund 500 € monatliche Einnahmen. Übernimmt man ein Dezernat, erhöht sich der Aufwand um geschätzte 5–10 h. Als Vollberufstätiger kann man das kaum leisten. Daher findet man in den Magistraten auch selten Personen mit einer beruflichen´40-Stunden-Woche.
Die Frage, ob ein Ehrenamtlicher den Posten des Ersten Stadtrates ausfüllen kann, inklusive einer Dezernatsverantwortung, lässt sich daher klar beantworten: Ein normaler Arbeitnehmer kann das nicht. Ist man aber bereits im Ruhestand, arbeitet Teilzeit oder hat seine Schäfchen sonst irgendwie bereits im Trocknen, bringt den nötigen Enthusiasmus mit und besitzt im besten Fall schon Verwaltungserfahrung, dann ist das durchaus denkbar. So gibt es einige Gemeinden ähnlicher Größe wie Rödermark, die diesen Weg gehen: höhere Zahl ehrenamtlicher Stadträte, die dann kleine Teilbereiche der Verwaltung führen, so dass keiner überfordert ist.
Man muss außerdem bedenken: Erster Stadtrat ist in aller Regel ein politisch besetzter Posten, d.h. die nominierte Person bringt anfangs selten die benötigten Qualifikationen mit, sei es in Personalführung, in Verwaltungsarbeit, in Personalrecht, in Haushaltsführung. Auch der jetzige Erste Stadtrat Alexander Sturm war in seinen ersten Jahren wenig souverän, hat sich in viele Fettnäpfchen gesetzt und war innerhalb der Verwaltung nicht gerade als führungsstark bekannt. Heute sieht das nach meiner Kenntnis anders aus, erst in den letzten Jahren ist er sein Geld auch in vollem Umfang wert. Bei einem neuen, politisch installierter Ersten Stadtrat würde die Eingewöhnungsphase genau in die Phase des Gesundschrumpfens, des Umbruchs liegen, als 2. Verwaltungschef mit mehreren Verantwortungsbereichen kann er daher mangels Erfahrung sein Geld kaum wert sein. Gerade in diesen kommenden Jahren kann man daher auf die Hauptamtlichkeit verzichten. Zumal von dem Kandidaten der CDU/AL-Koalition ja seit langem gemunkelt wird, dass sein Endziel nicht im Ersten Stadtrat, sondern in der Beerbung von Roland Kern als Bürgermeister liegt. Er wäre also, wenn es gut für ihn läuft, genau am Ende der Eingewöhnungszeit wieder weg vom jetzt angestrebten Posten.
Alles Gründe, die dafür sprechen, jetzt die Chance zu nutzen, die Satzung zu ändern und bis auf Weiteres die Position des Ersten Stadtrates nur noch ehrenamtlich zu führen.
Der Kandidat Jörg Rotter
Zwei Dinge müssen an dieser Stelle deutlich gesagt werden:
1. ist die Motivation der FDP – wie auch der anderen Oppositionsparteien – definitiv nicht personenbezogen. Es gibt einen Wechsel und aus den eben genannten Gründen und unter den bekannten Umständen muss eine Abwägung erfolgen, ob ein hauptamtlicher Erster Stadtrat noch zeitgemäß ist. Das haben wir gemacht mit dem bekannten Ergebnis. Niemand aus der FDP hat sich oder wird sich in irgendeiner Weise zu den Qualifikationen des Kandidaten der Koalition äußern.
2. finde ich es ein Unding, was einige Kommentatoren in den Internetforen mit dem Kandidaten veranstalten. Personenbezogener Spott oder gar Beleidigungen haben an dieser Stelle nichts zu suchen!
Es war und ist nicht unsere Absicht, die Person Jörg Rotter zu beschädigen. Ich gebe gerne zu, ich war anfangs skeptisch, ob er für höhere Aufgaben, sprich Stadtverord¬netenvorsteher, geeignet ist, gebe nun aber genauso gerne zu, dass er diesen Job aus meiner Sicht ausgezeichnet macht: Ruhig, höflich, unparteiisch. Insofern kann ich mir Jörg Rotter auch sehr gut als respektablen Bürgermeisterkandidat mit sehr guten Chancen auf Nachfolge von Roland Kern vorstellen (Natürlich wäre mir ein FDP-Bürgermeister noch etwas lieber, aber ich bezweifle, dass meine Überzeugungskraft ausreicht, die Bevölkerung dazu zu bewegen). Ich sehe auch nicht, dass unser Begehren diesen Weg in irgendeiner Art untergräbt. Es spricht aus meiner Sicht überhaupt nichts gegen einen Ersten Stadtrat und damit Stellvertreter des Bürgermeisters Jörg Rotter. Nur halt auf ehrenamtlicher Basis und nicht als Berufspolitiker.
Laut gedacht
Mehr als die Hälfte der Arbeitszeit des Ersten Stadtrates geht für Sitzungen und repräsentative Aufgaben drauf. Diesen Part kann auch ein ehrenamtlicher Stadtrat übernehmen, hier hat Jörg Rotter sicherlich besondere Qualitäten. Es muss ja auch nicht gleich ein halber Arbeitstag für das Ehrenamt sein. Wenn überall in der Verwaltung gespart wird und es Einschränkungen gibt, gibt es sicherlich auch hohes Verständnis in der Bürgerschaft, wenn der Bürgermeister und seine Stellvertreter nicht mehr bei jedem Jubiläum anwesend sind, nicht mehr jede gesellschaftliche Einladung annehmen. So schafft man sich Zeit für die Führung der Verwaltung, die man in den kommenden Jahren des Umbruchs sicher benötigt. Und wenn man sich die Zusammensetzung des ehrenamtlichen Magistrates anschaut, würde ich als Bürgermeister meine Magistratskollegen doch fragen, ob sie sich folgende Aufgabenteilung vorstellen können: Erster Stadtrat Jörg Rotter als Dezernent für Kinder, Familie und Soziales, Sylvia Baumer als Kulturdezernentin und Sven Sulzmann als Dezernent für Öffentliche Ordnung, alle anderen Dezernate einschließlich der Kämmerei liegen beim Bürgermeister. Ich weiß nicht, ob die genannten Personen das so wollen, aber es wäre zumindest eine sinnvolle Alternative zu zwei Hauptamtlichen an der Verwaltungsspitze der Rettungsschirmkommune Rödermark.
Dr. Rüdiger Werner
Marienstr. 19
6. Februar 2013
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